Claudia Weiand

Kopfkino im Bett

Claudia Weiand ist eine wunderbare Geschichtenerzählerin. Ihre turbulenten Erlebnisse rund um Mama und Papa Herz, der zehnjährigen Fiene, den großen Zwillingen und dem kleinen Mo sprühen vor Begeisterung über das Leben.

Kopfkino im Bett
Claudia Weiand
Ihre Geschichte Neues aus dem ganzen halben Haus steckt voller Leben und Wärme. Hatten Sie schon immer den Wunsch, Geschichten für Kinder zu schreiben?

Ich habe mir als Kind abends im Bett eigene Fortsetzungsgeschichten erzählt. Kopfkino im Bett. Jeden Abend spann ich die Geschichte ein Stückchen weiter, bis ich darüber einschlief. Und dann am folgenden Abend wieder und so weiter. Die Geschichten hatten keine abgeschlossene Handlung und ich kann mich auch nur noch an Bruchstücke daraus erinnern. Immer wenn ich freie Zeit und Ruhe hatte, habe ich mir selbst etwas erzählt. Einfach so. Zu meinem eigenen Vergnügen. Auch noch im Erwachsenenalter.

Als ich schließlich Mutter wurde, hat das schlagartig aufgehört. Ich war oft so unglaublich müde und geschafft. Da war nix mehr mit Geschichten erfinden … Aber als in den letzten Jahren die Kinder immer selbständiger und meine Nachtruhe immer regelmäßiger wurde, kamen die Geschichten zurück.

Immer wenn ich im „Urlaubsmodus“ bin, spinnen sich in meinem Kopf Geschichtsfäden zusammen. Und an irgendeinem Punkt habe ich diese Fäden mal aufgeschrieben. Warum für Kinder? Die sind so ein wunderbares Publikum! Sie lachen und weinen, kichern, seufzen oder gähnen ganz ohne Scham! Was kann man sich als Autor und Erzähler mehr wünschen? Ach, und wenn ich schon Geschichten aufschreibe, dann doch gleich welche, die ich meinen Kindern vorlesen kann! Und ich muss zugeben: Dass ich Bücher schreiben darf, die dann auch noch veröffentlicht werden, das ist wirklich ein Traum!

Inwieweit hat Sie Ihre eigene Familie zu der Geschichte inspiriert?

Meine Familie ist nicht gleichzusetzen mit der Familie Herz im Buch! Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten. Mein Mann ist tatsächlich Pastor. Ich habe Kinder, die in Fienes Alter sind. Oma Böhnchen ist eine Hommage an eine wunderbare Dame aus unserer Gemeinde, die mein Mann leider vor einigen Jahren beerdigen musste. Aber auch Oma Böhnchen ist nicht 1:1 aus dem echten Leben übernommen.


Das ganze halbe Haus ist ein Mischmasch aus meiner eigenen Biografie, meinen Träumen für Gemeinde und meinem ganz persönlichen Idealbild von Familie: Jeder ist geliebt, erwünscht, gewollt! Beim Feiern und Trauern. Mit Ecken und Kanten. Und eben mit ganz viel Herz!



Ein richtiger Sonnenschein ist der kleine Mo, ein Kind mit dem Down-Syndrom.  Warum war es Ihnen wichtig, ein besonderes Kind in der Geschichte vorkommen zu lassen?

Mo ist mir einfach zugeflogen. Ich hatte beim Schreiben des ersten Bandes keinerlei Kontakt zu Familien, die ein Down-Kind haben. Während der Zeit, in der ich die Geschichte schrieb, bewarb sich ein befreundetes Ehepaar gerade um eine Adoption. Nach vielen Monaten, Anträgen und Hausbesuchen kam das Jugendamt auf sie zu. Da gäbe es ein kleines Mädchen, aber man sei sich nicht ganz sicher, ob es geistig gesund sei. Ob sie sich auch „so“ ein Kind vorstellen könnten …

Das Ringen um eine Antwort hat mich damals sehr bewegt. Und im Nachdenken darüber wunderte ich mich plötzlich, warum in meiner Gemeinde und Nachbarschaft keine behinderten Kinder lebten? Zufall? Outgesourced? Nie geboren? Also habe ich Kontakte gesucht, gefunden und war überwältigt von den fröhlichen und selbstbewussten Eltern, die das Leben feiern! Und so hat Familie Herz noch den Mo bekommen.

Herr Blühm ist ja ein schillerndes Beispiel für einen unangenehmen älteren Nachbarn, der keine Kinder leiden kann. Haben Sie beim Schreiben über den Herrn Blühm von persönlichen Erfahrungen profitiert?

Oh, und wie! Ich bin in einem Mehrfamilienhaus aufgewachsen. Wir hatten wunderbare Nachbarn! Und wir hatten den einen oder anderen Kinderschreck. Heute weiß ich, dass hinter diesen Menschen schmerzhafte Biografien standen. Als Kinder haben wir nur die immer keifenden und schlecht gelaunten Herr Blühms gesehen, denen jedes Kinderlachen ein Graus war. Ich glaube, so jemanden gibt es in jeder Nachbarschaft. Und jedes Kind kennt so einen (oder auch mehrere) stänkernde Erwachsene.

Welche Bücher haben Sie als Kind verschlungen?

Alles von Astrid Lindgren! Ich liebe ihre Erzählungen über das ganz normale Leben, das trotzdem so fröhlich und bunt ist! Michel, Bullerbü und Ferien auf Saltkrokan sind ganz fest mit meinem Kinderlesen verwoben. Und natürlich die fantastischen Geschichten: Pippi, Ronja und die Brüder Löwenherz … Das erlebe und erlese ich gerade alles wieder mit meinen Kindern. Ich weiß nie genau, wer mehr Spaß dabei hat! Später verschlang ich Abenteuerbücher, Geschichten mit Geheimnissen und Rätseln, natürlich immer mit einem guten Ende!

Viele Eltern stöhnen darüber, dass ihre Kids lieber Fernsehen als Lesen. Was können Eltern tun, um die Leselust ihrer Kinder zu wecken?

Das Leseverhalten meiner Kinder ist extrem unterschiedlich. Der eine verschlingt Comics, der andere dicke Bücher. Mit den Comics bin ich noch nicht ganz versöhnt, obwohl ich selbst als Kind auch diese bunten Bildchen mochte.

Aber sie lesen beide. Gerne und viel! Ich lese sehr oft vor. Und ich lese auch selbst gerne. Mit den Kindern haben wir Unmengen an Bilderbüchern konsumiert. Wir waren regelmäßig in der Bücherei. Außerdem gibt es für alle, die sich mit dem Vorlesen schwertun, traumhaft schöne Hörbücher, also vorgelesene Bücher (keine Hörspiele), die genau das fördern, was das Lesen so einzigartig macht: Bilder, die im Kopf entstehen, Fantasiereisen und den Hunger auf mehr! Und ja – meine Kinder dürfen auch fernsehen. Es ist natürlich verlockend, seine Kinder dort zu parken. Fernsehen ist ungemein bequem! Bücher sind da anstrengender, denn sie müssen erobert werden!

Wir haben allerdings keinen Fernsehanschluss. Wenn man den Kasten einschaltet, sieht man nur Schneegestöber. Stattdessen haben wir einen DVD-Player. Hier machen wir das Programm! Werbefrei und eben auch nur das, was wir wollen. Unter der Woche gibt’s nur Bücher und Hörspiele, am Wochenende mal Familienkino. Das bedeutet allerdings auch, dass wir als Eltern ebenfalls „nur“ DVDs sehen können und uns das Zappen und das „Vor der Kiste versauern“ erspart bleibt.

Letztlich läuft es in den meisten Fällen in der Erziehung genau darauf hinaus: Kinder lernen so unverschämt schnell durch Nachahmung … Die guten und vielleicht noch schneller die schlechten Angewohnheiten.



Welche Botschaften halten Sie für Kinder generell wichtig? Und was möchten Sie in Ihren Büchern ganz persönlich vermitteln?

Die beste Botschaft der Welt lautet: Du bist geliebt!

Wenn ich irgendetwas meinen eigenen Kindern tief ins Herz schreiben möchte, dann diesen Satz! Du bist geliebt! Ich bin fest davon überzeugt, dass in jedem Menschen eine tiefe Sehnsucht nach diesem Satz steckt. Ein Ziehen und Hungern, das den Menschen wie einen Kompass auf etwas ausrichtet … auf jemanden! Als Christen haben wir Zugang zum Ursprung aller Liebe! Vater, Sohn und Heiliger Geist!

Zumindest kleine Krümel davon möchte ich in meine Bücher legen. Und ich hoffe, dass der Hunger nach mehr geweckt wird und die Suche nach dem ganzen Laib beginnt.

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