Die beste Botschaft der Welt

Der „Prince of POMPÖÖS“ über die Zukunft der Kirche

Die Kirche verwaltet das Wertvollste, was es gibt. Aber sie vermarktet dieses einmalige Angebot so schlecht, dass es niemand „kaufen“ will.

Der „Prince of POMPÖÖS“ über die Zukunft der Kirche
Foto: Frank Altmann
Unzähligen Menschen könnte die Kirche Halt und Hoffnung bieten. Aber statt einen sicheren Hafen in einer chaotischen und sich verändernden Welt zu finden, treten Jahr für Jahr mehr Mitglieder aus den großen Landeskirchen aus. Was läuft da schief? Der schillernde Modedesigner hat einmal genauer hingeschaut.


Unsere Kaufgewohnheiten und somit auch die Verkaufskultur haben sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Mit dem Internet-Boom gab es wohl den größten Wandel in der Shopping-Kultur. Kleidung, Schuhe, Möbel und sogar Essen werden heute online bestellt und nach Hause geliefert. Und die Begeisterung für diese Art des Einkaufens nimmt nicht ab, sondern eher zu.  

Es gibt unendlich viele Verkaufsshows in Shopping-Kanälen und noch mehr Abnehmer für die dort angebotenen Produkte. Woran das unter anderem liegt, wurde mir in über zwölf Jahren bewusst, die ich im Teleshopping aktiv war. Von Anfang meiner Geschäftsaktivitäten an hatte ich beschlossen, den Rat meiner lieben Mutter zu befolgen und mein Leben in den Dienst einer guten Sache zu stellen. Mein erklärtes Ziel war und ist es, alle Frauen zu Prinzessinnen zu machen, alle Menschen mit Respekt zu behandeln und ihr Leben zu bereichern.

Auf einer großen Gala traf ich den Vorstandsvorsitzenden des Teleshopping-Kanals HSE 24. Wir kamen ins Gespräch und beschlossen zusammenzuarbeiten. Schon lange fragte ich mich, warum Luxus eigentlich nicht für jeden zugänglich sein sollte. Mein Ziel war es, Mode anzubieten, in der sich Frauen wohl fühlten und die sich jede von ihnen leisten konnte. Mit diesem Mann an meiner Seite wurde die Idee plötzlich zu einer konkreten Vision: eine Pompöös-Linie zu erschwinglichen Preisen exklusiv auf HSE 24.  

Meine Sendungen wurden von Anfang an zu einem Verkaufsschlager. Das hatte verschiedene Gründe, aber einer ist sicher der ausschlaggebendste: Meine Sendungen waren im Grunde genommen eher therapeutische Sitzungen als Verkaufsshows. Ich machte meinen Prinzessinnen vor dem Fernseher Komplimente und ermutigte sie, und eher nebenbei verkaufte ich meine Produkte. Mein Verkauf war ein ehrlicher Verkauf. Denn ich hatte eine Botschaft, eine Mission, an die ich glaubte und mit der ich den Frauen half. Es ging mir nicht in erster Linie ums Geldverdienen, denn darüber mache ich mir keine Sorgen. Mir war schon immer klar: Wenn du den Menschen Gutes tust, kommt das tausendfach zurück. Und so war es auch. Ich bekam eine Flut von Dankesbriefen.

Die vielen dankbaren Reaktionen der Zuschauerinnen gaben mir zu denken.

Wie konnte es sein, dass die Menschen so sehr nach ein bisschen Zuspruch und Ermutigung dürsteten und sie anscheinend nirgendwo anders bekamen?



Und wie war es möglich, dass eine andere Institution, die eigentlich das perfekteste, das beste, das einmaligste Produkt anzubieten hat, das es auf der ganzen Welt gibt, offensichtlich nicht in der Lage war, dieses Produkt professionell zu verkaufen? 

Diese Institution, die ich meine und die sowohl sich als auch ihr Produkt derart schlecht vermarktet, dass ich es nicht mit ansehen kann, ist die Kirche. Sie „verkauft“ etwas, das seit Jahrtausenden ein Bestseller ist, mit dem denkbar schlechtesten Marketing: selbstherrlich, überheblich, unbelehrbar und vollkommen von sich überzeugt. Eigentlich grenzt es schon beinahe an ein Wunder, dass es überhaupt noch Menschen gibt, die dennoch den Weg zu Gott finden.

Immerhin gibt es inzwischen auch Fernsehgottesdienste, sodass die Kirche tatsächlich in die Wohnzimmer der Menschen kommt. Ein guter Ansatz, aber das, was ich meine, ist mehr ein inneres In-Bewegung-Kommen. Insbesondere eine Instanz, die für das Seelenheil der Menschen zuständig zeichnet, sollte die Sprache und Erlebniswelt der heutigen Menschen repräsentieren. Sie sollte sich dem Zeitgeist nicht anpassen, aber ihm Rechnung tragen und up to date sein.

Statt die Menschen mit überhöhten Ansprüchen und alltagsfernen Predigten abzuschrecken, sollte sie es ihnen möglichst leicht machen, sich dem Glauben anzunähern. Jeder, der ein Produkt vernünftig an den Mann oder die Frau bringen will, präsentiert es in einem möglichst guten Licht und stellt seine Vorteile heraus. Nur die Kirche macht das Gegenteil.

Statt den Menschen verständlich, zeitgemäß und einladend ihr wunderbares Angebot vorzustellen, traktiert sie sie mit Vorurteilen, Geboten, Verboten und macht ihnen ein schlechtes Gewissen und Angst vor der Hölle, statt sie zu trösten und ihnen Hoffnung zu spenden.

Meine Kundinnen merken bei mir, dass sie mir wirklich am Herzen liegen. Und ebenso haben Menschen feine Antennen dafür, wenn sie einem eigentlich gleichgültig sind und man ihnen nur etwas verkaufen will. Was bei einem Kühlschrank vielleicht noch angehen mag, ist bei einer so wichtigen Sache wie dem Glauben fatal – ein Geistlicher, der im Grunde nur „Missionierungsopfer“ oder zahlende Mitglieder sucht, wird nie das Vertrauen seiner Schäfchen gewinnen oder eine Kirche leiten, die Menschen anzieht.



Die Kirche verwaltet das Wertvollste, was es gibt: einen Zugang zu Gott, zu bedingungsloser Liebe.




Das ist wichtiger und besser als alles, was man mit Geld kaufen kann. Aber sie vermarktet dieses einmalige Angebot so schlecht, dass es niemand „kaufen“ will, ja, viele Leute nicht mal mehr von seiner
Existenz wissen.

Das hat aus meiner Sicht mehrere Gründe. Zunächst mal ist da die „Verpackung“. Noch immer kommen die meisten Kirchen altbacken, langweilig, angestaubt und ewig gestrig herüber. Wenn ich den Leuten solche Produkte anbieten würde, könnte ich wohl kaum mit großer Nachfrage rechnen!

Die Gottesdienste sind staubtrocken und immer gleich, es werden Texte vom Blatt abgelesen, und schon die Wortwahl ist bei vielen Pfarrern abgehoben und weit weg von dem, wie normale Menschen auf der Straße reden. Dazu gibt es Orgelmusik und uralte Choräle.

Ganz sicher hat auch diese Musik ebenso wie die Liturgie ihre Berechtigung und Schönheit. Aber wenn man heute moderne Menschen für etwas interessieren will, reicht es nicht, immer nur das zu machen, was man eben immer schon gemacht hat. Natürlich gibt es Leute, denen diese Art des Gottesdienstes zusagt – aber noch viel mehr, die man mit ein bisschen mehr Lebendigkeit begeistern könnte: eine gewisse Dramaturgie des Gottesdienstes, mehr Farbe und Lebensfreude, mehr Kunst.



Gekürzter Auszug aus dem Buch „Kirche, öffne dich!“ von Harald Glööckler




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