Auf der Suche nach Glaubensspuren

Sonntagsruhe hat ihren Grund

Für gewöhnlich bewegt sich Yvonne Willicks zwischen Verbraucherinfos und Küchentipps. Nun nimmt die findige Moderatorin einen ganz anderen Bereich unter die Lupe.

Sonntagsruhe hat ihren Grund
Foto: Boris Breuer
Mit offenem Herzen und einer Menge Humor begibt sie sich auf Spurensuche. Wo sind Schätze des Glaubens in unserem Alltag zu entdecken? Lesen Sie selbst ...   


Ein besonders deutliches Zeichen (das wirklich kaum zu übersehen ist), dass wir in einem christlichen Kulturkreis leben, ist der Sonntag. Für die meisten Arbeitnehmer ist dieser Wochentag frei, denn er ist mit einer gesetzlich geschützten Ruhe verbunden. Im Feiertagsgesetz steht: „Die Sonntage und die gesetzlich anerkannten Feiertage sind Tage der allgemeinen Arbeitsruhe“ (FTG, §3,1).

Dass der Sonntag in dieser Form „geheiligt“ wird, hat ursprünglich religiöse Gründe. Seit Jahrhunderten soll jegliche Arbeit auf ein Mindestmaß reduziert werden, um den Gottesdienstbesuch zu ermöglichen. Diese Maßnahme geht zurück auf Kaiser Konstantin (306–337 n. Chr.), der die Sonntagsruhe einführte, auch um religionspolitisch das Christentum zu etablieren. Er erließ das erste Gesetz zur Sonntagsruhe, damit an diesem Tag die Auferstehung Jesu wertgeschätzt werde.

Übrigens: Auch die Bibel beschreibt schon im zweiten Kapitel des 1. Buch Mose einen Ruhetag nach getaner Arbeit: „So wurden Himmel und Erde vollendet und ihr ganzes Gefüge. Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte. Das ist die Entstehungsgeschichte von Himmel und Erde, als sie erschaffen wurden.“

Wussten Sie, dass „das Werk“ erst abgeschlossen war nach der Pause? Damit ist auch die Struktur des Lebens festgelegt, denn Gott weiß: Es ist wichtig zu ruhen, zu chillen und sich mal zu entspannen. Wie
unfassbar langweilig waren aber früher, als ich Kind war, die immer gleich ablaufenden Sonntage. Und ganz ehrlich: Ich langweile mich ziemlich schnell und oft, auch und gerade im Gottesdienst.

Aber ich bin der Meinung, dass die gute alte Langeweile total unterschätzt wird.  Wir lassen sie im Alltag kaum noch zu!  Wir brauchen immer irgendwie eine Art von Unterhaltung, die Läden sollen auch an möglichst vielen Sonntagen geöffnet sein und der Gottesdienst muss – wenn man ihn überhaupt aufsucht – Eventcharakter haben. Alles, damit bloß nicht dieses manchmal schwer zu ertragende Gefühl
der Langeweile überhandnimmt. Oft aber entstehen durch gepflegte Langeweile die besten Ideen, neue Sichtweisen und kreative Schübe. (Wahrscheinlich ist da der Heilige Geist mit beteiligt, aber wer weiß das schon?) Denn die Seele wird ruhig, wenn die Gedanken schweifen und ist bereiter, sich
zu öffnen, als sonst. So kann ein schon oft gehörter Lesungstext im Gottesdienst auf einmal seine uralte Kraft entfalten und uns mitten ins Herz treffen. Das klappt wirklich: Gerade durch Traditionen und Rituale ist ein achtsameres wie einprägsameres Hinhören möglich.

Darum:



Ich plädiere dafür, den Sonntag als langweiligen Ruhetag zu akzeptieren und
zu heiligen.



Die Rituale unseres Lebens und die Traditionen, die damit verbunden sind, als das zu akzeptieren, was sie sind: eine Möglichkeit, zu uns selbst und auch zu Gott zu finden.

Astrid Lindgren, die große Menschenkennerin und schwedische Schriftstellerin („Pippi Langstrumpf“), die es geschafft hat, ihr Kindsein bis ins hohe Alter zu leben, war übrigens ein ausgesprochener Fan der
Langeweile. Was es braucht, um seelenruhig zu werden, hat sie in einem Zitat wunderbar beschrieben. „Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen.“

Gekürzter Auszug aus dem Buch „Glaube ganz einfach“ von Yvonne Willicks



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