Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Psalmen keine Einmalworte sind, dass sie in verschiedenen Situationen Verschiedenes sagen. Fast alles, was grundlegend ist im Leben, ist ja zu finden in diesen uralten Gebeten. Und doch ist das 21. Jahrhundert etwas anderes als ihre Entstehungszeit und die Zeit Luthers. So kraftvoll seine Sprache auch ist, wir haben unsere heutige Art zu reden und zu schreiben, und brauchen Worte und Bilder aus dem gegenwärtigen Erleben, damit das Fremde vertraut werden kann; damit Gottes Geheimnis Platz hat.
Irgendwann habe ich angefangen, die Psalmen so aufzuschreiben, wie sie gerade in mir waren. Daraus sind eigene Übertragungen und Neuformulierungen geworden und schließlich dieser Psalmenband. Ich habe die Stücke so ausgewählt, dass sie die Vielfalt der Psalmen spiegeln. Manche sind näher am biblischen Text, manche weiter entfernt. So ist es, wenn sich biblische Worte und eigenes Erleben verweben und am Ende nicht mehr ganz klar ist, welcher Faden woraus gesponnen ist und was genau er zum Gesamtbild beiträgt.
Die Psalmen laden ein, Räume zu erkunden. Innere Räume. So, wie wir äußere Räume erkunden: Orte, Landschaften, Regionen. Sie laden uns ein, „umherzuspazieren“ und uns überraschen zu lassen. Die eigenen Resonanzen wahrzunehmen.
Sie sind eine Einladung, beides miteinander zu verbinden: die eigenen Erfahrungen und diese uralten, höchst aktuellen Kraftworte. Und zu schauen, wie beides längst ineinander verwoben ist. Sie sind eine Einladung, eigene Entdeckungen zu machen: Wozu locken mich diese Kraftworte? Womit beschenken sie mich? Wie ermutigen und entlasten sie mich?
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