Ihre Arbeit war immer wieder sehr kräftezehrend. Sie berichten, dass Sie zum Teil mitten in der Nacht angerufen wurden, wenn wieder ein Neugeborenes abgegeben wurde. Was gab Ihnen die Kraft, weiterzumachen?
Es gab Tage, an denen ich sehr erschöpft war! Aber das waren nicht unbedingt die Tage, an denen ich viel und lange arbeiten musste. Es waren die Schicksale der Frauen, die mich an meine seelischen Grenzen kommen ließen. Oder wenn ich merkte, dass es einfach nicht voranging, so sehr ich mich auch bemühte. Aber diese Dinge gehören zum Leben. Das gehört dazu, wenn man etwas Neues beginnt. Man konnte mich nie ärgern, wenn man mich aus dem Bett geholt hat, um einem Menschen in Not beizustehen und zu helfen. Ganz im Gegenteil: Geärgert habe ich mich, wenn man mich nicht geholt hat. Wenn Sie mich fragen, was mir die Kraft gegeben hat, weiterzumachen, so ist diese Frage für mich einfach: Ein gut gelöster „Fall“ ermutigte immer, auch des nächsten guten Mutes anzupacken. Das Lächeln im Gesicht einer Frau, die gestärkt unser Haus verlassen konnte. Die gute Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen. Die Besuche „meiner Kinder“! Ein liebes Wort, wenn wieder einmal alles schiefzulaufen schien. Und nicht zuletzt: Kaffee und viel Schokolade …!
Das Interview führte Dorothea Gösele.