Wie waren die Reaktionen in Ihrem Umfeld nach der Geburt von Olaf?
Das Umfeld – auch die Verwandtschaft¬ – war verunsichert. Konnte man zur Geburt eines behinderten Kindes gratulieren? Nach der Geburt von meinem ersten Sohn, Michael, haben alle Gäste gefragt, ob sie das Baby sehen können. Bei Olaf hat das fast keiner gefragt. Bis ich die Wiege in das Wohnzimmer gestellt habe. Ich habe beschlossen, jetzt müssen sie ihn sehen! Erst nach ca. 6 Monaten hat sich das Umfeld zu unserem Olaf normalisiert. Eine besonders schöne Reaktion gab es allerdings noch: Michael liebte seinen kleinen Bruder sofort!
Olaf wurde im Jahr 1975 geboren. Damals sahen die Betreuungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für Kinder mit Behinderung noch anders aus. Können Sie dafür ein Beispiel geben?
Es gab im Raum Gießen keine Beratung für Kinder mit kognitiver Beeinträchtigung, die Literatur war defizitorientiert, der Kinderarzt hatte keine Erfahrung. Ich hatte versucht, mich zu informieren und dabei gelesen, dass Kinder mit Down-Syndrom möglichst früh eine Krankengymnastik bekommen sollten. Da meinte der Arzt: „Ja, wenn Sie meinen, dann schreib ich Ihnen das auf“, aber er wäre selbst nicht draufgekommen. Hat er dann aber brav immer wieder verschrieben. Weitere Empfehlungen hatte er nicht. Und die Eltern hielten sich auf dem Spielplatz auch aus Unsicherheit zurück.